Bundeswaldinventur 4
Aus der Bundeswaldinventur 4 (BWI4)
Wie viel Wald gibt es in Rheinland-Pfalz?
Der Wald in Rheinland-Pfalz umfasst aktuell eine Fläche von 853.758 Hektar. Damit ist Rheinland-Pfalz mit 43% das waldreichste Bundesland in Deutschland. Besonders ist auch der deutschlandweit höchste Körperschaftswald-Anteil von 45,9%. Der Privatwald und Landeswald machen einen Anteil von 27,6% und 24,9% aus. Dazu kommt Bundeswald mit einem geringen Anteil von 1,6%.
Im bundesweiten Vergleich ist der rheinland-pfälzische Privatwald der kleinststrukturierteste aller Länder. Es gibt etwa 330.000 Privatwaldeigentümerinnen und -eigentümer. Die durchschnittliche Flächengröße liegt unter einem Hektar. Oftmals liegen die Flächen in Gemengelage und sind unzureichend erschlossen, was eine Herausforderung für die Bewirtschaftung darstellt.
Wie hat sich im rheinland-pfälzischen Wald der Anteil von Laub- und Nadelwald verändert?
Der Anteil der Nadelbäume nimmt beständig zugunsten der heimischen Laubbaumarten ab, welche eine höhere ökologische Qualität besitzen. Bestanden bei der ersten Bundeswaldinventur (1987) unsere Wälder noch fast zur Hälfte (49%) aus Nadelbäumen, so hat sich deren Anteil in den letzten 20 Jahren kontinuierlich weiter von 42,2% (BWI2, 2002) über 38,8% (BWI3, 2012) auf 34,1% bei der BWI4 verringert. Die deutliche Verringerung des Nadelbaum-Anteiles in den letzten zehn Jahren ist dabei vor allem durch den Ausfall der Baumart Fichte als Ergebnis der hitze- und trockenheitsbedingten Borkenkäfer-Kalamität seit dem Jahr 2018 verursacht.
Welche Baumarten prägen den rheinland-pfälzischen Wald?
Im Zuge des seit dem Jahr 2018 durch den Borkenkäfer verursachten Absterbens und der Zwangsnutzungen vieler Fichten haben sich die Flächen und damit die Anteile der Baumarten in Rheinland-Pfalz geändert. Durch einen Verlust von 33.600 ha Fläche ist der Anteil der Fichte um fast ein Viertel von 19,5% im Jahr 2012 auf 14,9% gesunken. Trotz der erheblichen Flächenverluste ist die Fichte mit 14,9% hinter der Buche (23,1%) und der Eiche (21,5%) noch die flächenmäßig dritthäufigste Baumart. Auf sie folgen die Kiefer mit 9,2% und die Douglasie mit 7%.
Wie alt sind die Bäume im rheinland-pfälzischen Wald?
Besonders ist der in den vergangenen zehn Jahren noch einmal stark gestiegene Anteil alter Buchenwälder über 140 Jahre, welcher sich von 18,7% auf 22,6% erhöht hat und eine Waldfläche von rund 38.000 ha umfasst. Auch bei der Eiche, welche mit 21,5% die zweithäufigste Baumart in Rheinland-Pfalz ist, ist der Anteil alter Wälder über 140 Jahre gestiegen. Er beträgt 21,7%, wobei der Anteil von Eichenwäldern über 160 Jahre ganze 11,9% beträgt.
Wie hoch ist der Anteil von Mischwäldern und mehrschichtigen Wäldern in Rheinland-Pfalz?
Der Wald in Rheinland-Pfalz ist in den vergangenen zehn Jahren noch einmal deutlich strukturreicher geworden: Der Anteil zwei- oder mehrschichtiger Wälder hat sich von 69% auf 81% erhöht. Hier sticht v. a. der Anstieg mehrschichtiger Wälder von 3,5% auf 17,6% heraus. Zudem sind 85% der Wälder in Rheinland-Pfalz Mischwälder mit mindestens zwei nebeneinander vorkommenden Baumarten.
Welche Entwicklung gibt es beim Totholz und bei Biotop-Bäumen in Rheinland-Pfalz?
Viele Waldarten sind neben lebenden Altbäumen auf abgestorbene noch stehende oder liegende Bäume oder Äste (Totholz) angewiesen. Der Vorrat von Totholz auf der Waldfläche hat sich seit dem Jahr 2012 über alle Baumarten hinweg deutlich von 23,1 m³ /ha auf 37 m³ /ha erhöht. Beim Nadelbaum-Totholz hat sich vor allem der Vorrat an stehendem Totholz um den Faktor drei erhöht. Aber auch bei den Laubbäumen – mit Ausnahme der Baumart Eiche – ist der Totholzvorrat sowohl des stehenden als auch liegenden Totholzes um 50% gestiegen und liegt aktuell bei 3 und 6 m³ /ha.
Diese Entwicklung der Totholz-Zunahme ist vor allem durch die Auswirkungen der Klimakrise und die damit verbundenen Schäden auf unsere Wälder zu erklären und muss als Anzeichen für tiefgreifende Veränderungen in unserem Waldökosystem gedeutet werden. Zum anderen dürfte zur Entwicklung der Altbaum-Anteile und der ökologisch bedeutsamen Totholzmengen aber auch das 2011 eingeführte Konzept zum Umgang mit Biotopbäumen, Altbäumen und Totholz (BAT–Konzept) beigetragen haben.
Saat, Pflanzung oder Naturverjüngung - Woraus ist der Jungwald in Rheinland-Pfalz entstanden?
Die junge Baumgeneration stammt fast vollständig (96,7%) aus natürlicher Ansamung durch die Bäume vor Ort (Naturverjüngung). Unter den flächenmäßig bedeutendsten Baumarten hat die Buche mit 98% und Eiche mit 95% den höchsten Anteil an Naturverjüngung. Auch viele Nebenbaumarten (Erlen, Birken, Eschen, Lärchen, Kiefern) stammen zu über 90% aus Naturverjüngung.
In welche Richtung soll die künftige Waldentwicklung im rheinland-pfälzischen Staatswald gesteuert werden?
Ziel der Waldentwicklungskonzepte in Rheinland-Pfalz ist es, das Heranwachsen vielfältiger, auf natürlichem Wege entstehender und laubbaumreicher Mischwälder zu unterstützen und so das oberste Ziel der Walderhaltung und der für uns als Gesellschaft essentiellen Ökosystemleistungen sicherzustellen. Beispielsweise assistieren Forstleute der natürlichen Waldentwicklung durch das kleinflächige und punktuelle Einbringen standortangepasster heimischer Baumarten an Orten, an denen diese aktuell nicht vorkommen. (Mehr zur Waldentwicklung in der Klimakrise.)
Wie hoch sind Holzvorrat und Zuwachs im rheinland-pfälzischen Wald?
Der Wald von Rheinland-Pfalz umfasst gegenwärtig einen Holzvorrat von 253,2 Mio. m³, im Durchschnitt sind dies 313 m³/ha. Damit hat sich die Holzmasse lebender Bäume in den vergangenen zehn Jahren um insgesamt 3,56 Mio. m³ erhöht. Zieht man allerdings die Ergebnisse der letzten Kohlenstoffinventur hinzu, deutet sich eine Zunahme des Vorrates bis zum Jahr 2017 und anschließend eine Abnahme des Vorrates bis zum Jahr 2022 an. Dies liegt vor allem an den hohen Vorratsverlusten der Fichte, die in Folge der seit 2018 anhaltenden Borkenkäferkalamität rund 15,6 Mio. m³ ihres Ausgangsvorrates verloren hat.
Fast alle unserer häufig vorkommenden Baumarten haben in den vergangenen Jahren zum Teil drastisch an Wuchskraft verloren. Die höchsten Zuwachsverluste betreffen noch vor der Fichte (-18%) die Kiefer (-27%) und die Douglasie (-22%). Aber auch die Buche hat mit einem Rückgang von 15% deutlich an Zuwachsleistung verloren. Die Ergebnisse der Kohlenstoffinventur 2017 deuten an, dass das Zuwachsniveau der BWI3 (10,7 m³/ha/Jahr) bis 2017 stabil geblieben ist, und die deutlichen Zuwachseinbußen auf 8,6 m³/ha/Jahr erst im Zuge der hitze- und trockenheitsgeprägten Jahre 2018 bis 2022 stattgefunden haben müssen.
Wie stark werden unsere Wälder in Rheinland-Pfalz genutzt?
Die Nutzungsmenge von Holz ist von jährlich 7,8 m³/ha/Jahr auf 7,2 m³/ha/Jahr zurückgegangen. Damit hat die Nutzung insgesamt unter dem Zuwachs gelegen. Lediglich bei der Baumart Fichte hat die Nutzung mit 21 m³/ha/Jahr über dem Zuwachs von 13 m³/ha/Jahr gelegen. Grund hierfür sind die seit dem Jahr 2018 zwangsweise getätigten Nutzungen, um eine Ausbreitung des Borkenkäfers zu begrenzen. Die BWI4 zeigt, dass in den vergangenen zehn Jahren 37,5% aller Holznutzungen in unseren Wäldern als Reaktion auf Schädigungen getätigt wurden.
Forstwirtschaftliche Maßnahmen erfolgen nur in bestimmten Waldentwicklungsphasen und daher in großen Zeitabständen. So fanden in den Wäldern auf 48% der Gesamtfläche in den zurückliegenden zehn Jahren überhaupt keine Maßnahmen statt. Die daher oft viele Jahrzehnte lang unbeeinflusste Entwicklung gerade der alten Waldbestände bietet zugleich auch Raum und Zeit für eine natürliche Entwicklung der lebensraumtypischen Biodiversität und ergänzt in dieser Weise flächendeckend das Netz der keiner menschlichen Steuerung unterliegenden Totalschutzgebiete.
Welchen Beitrag leistet der rheinland-pfälzische Wald für den Klimaschutz?
Waldökosysteme spielen wegen ihrer Fähigkeit, erhebliche Kohlenstoffmengen zu binden, eine wichtige Rolle im Klimaschutz. Durch die Fotosyntheseleistung nehmen Bäume im Zuge ihres Wachstums Kohlendioxid (CO₂) aus der Atmosphäre auf und speichern es als Kohlenstoff im Holzkörper. Weitere Kohlenstoffmengen finden sich z.B. in den Bodenpflanzen, den Wurzeln oder dem Humus und in nennenswertem Umfang im Mineralboden.
Im ökosystemaren Kohlenstoffkreislauf herrscht in der Regel ein Fließgleichgewicht. Durch das permanente Wachstum der Bäume wird immer wieder neuer Kohlenstoff gebunden, durch den Einschlag und den Abtransport von Holz im Rahmen nachhaltiger Forstwirtschaft wird Kohlenstoff aus dem Wald ausgetragen.
Im Wald von Rheinland-Pfalz sind gegenwärtig 91,2 Mio. Tonnen Kohlenstoff in lebenden und toten Bäumen gespeichert. Die in lebenden Nadelbäumen gespeicherte Kohlenstoffmenge hat in den letzten zehn Jahren – vor allem bedingt durch die massiven Borkenkäfer-Schäden in der Baumart Fichte – um 2,98 Mio. Tonnen abgenommen. Diese negative Bilanz wurde aber durch eine Kohlenstoff-Anreicherung von 5,45 Mio. Tonnen der lebenden Laubbäume kompensiert. Nimmt man die in totem Holz gebundene Kohlenstoffmenge hinzu, so hat sich die Kohlenstoffmenge im Wald von Rheinland-Pfalz um insgesamt 4,67 Mio. Tonnen erhöht. Damit war der Wald in Rheinland-Pfalz in der Gesamtbilanz der vergangenen zehn Jahren eine Kohlendioxid-Senke (1,7 Mio. Tonnen CO₂-Absorption pro Jahr)
Über die Bundeswaldinventur
Warum ist alle 10 Jahre eine Generalinventur in unseren Wäldern nötig?
Wälder bedecken über 40 Prozent der Landesfläche von Rheinland Pfalz. Sie dienen gleichzeitig als Erholungsraum, Natur- und Lebensraum sowie als Rohstofflieferant. Unsere Entscheidungen von heute betreffen die Wälder von morgen. Waldpolitik ist daher auf verlässliche Grundlagen angewiesen. So ist zum Beispiel die Kenntnis der Baumartenanteile, des Alters, der Höhe und Stärke der Bäume oder ihrer Mischungsanteile und -verhältnisse von Bedeutung. Benötigt werden landesweit gesicherte Daten aus allen Wäldern über alle Waldeigentumsarten und Betriebsgrößen hinweg.
Die Bundeswaldinventur ist eine Stichprobeninventur, welche als gesetzlicher Auftrag gemäß §41a Bundeswaldgesetz alle zehn Jahre innerhalb der gesamten Waldfläche Deutschlands durchgeführt wird. Die erste BWI wurde im Jahr 1986-1988 durchgeführt. Auf sie folgte die zweite BWI im Jahr 2001/2002 und zehn Jahre später die BWI3 (2011/2012). Die Daten der vierten Bundeswaldinventur (BWI4) wurden in den Jahren 2021 und 2022 erhoben.
Diese Waldinventur ist nicht zu verwechseln mit der Waldzustandserhebung, die seit 1984 jedes Jahr einen Blick auf den Gesundheitszustand unserer Waldbäume wirft.
Für Landespolitik, Forstleute und Waldbesitzende stellt die Bundeswaldinventur ein gutes Instrumentarium bereit, um die Wälder in Rheinland-Pfalz weiterhin verantwortungsvoll und im umfassenden Sinne nachhaltig bewirtschaften zu können.
Wie läuft eine Bundeswaldinventur ab?
In Deutschland wachsen rund 6,8 Milliarden Bäume mit einem Brusthöhendurchmesser größer sieben Zentimeter, 466 Millionen davon in Rheinland-Pfalz. Zu viele um jeden einzeln zu vermessen. Daher benutzt die Bundeswaldinventur die Methode einer terrestrischen Stichprobe mit permanenten Probepunkten. Dies bedeutet, dass über ganz Deutschland ein Stichprobennetz gelegt ist und in jeder Bundeswaldinventur für die gleichen Stichprobenpunkte das Vorhandensein von Wald neu überprüft wird. An den Stichprobenpunkten im Wald werden nach einem vorgegebenen Verfahren eine Vielzahl an Merkmalen erhoben. Aus diesen Stichprobendaten werden dann statistisch abgesicherte Informationen für die Waldfläche abgeleitet. Die Bundeswaldinventur ist ein von Bund und Ländern gemeinsam getragenes Projekt. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) koordiniert federführend die Durchführung. Die Länder sind mit der Erfassung der Daten beauftragt. Hierfür setzen sie Aufnahmetrupps ein, welche durch das Thünen-Institut vor Beginn der Aufnahmen eigens in der Erhebungsmethodik und Anwendung der Erfassungssoftware geschult werden.
In der vierten Bundeswaldinventur waren unter der Leitung von Landesforsten Rheinland-Pfalz bei den Außenaufnahmen in den rheinland-pfälzischen Wäldern insgesamt 15 Aufnahmeteams mit jeweils zwei Landesforsten-Mitarbeitenden im Einsatz. Mit speziellen Messinstrumenten wurden an mehr als 8.500 Stichprobenpunkten Erhebungen durchgeführt. Die gewonnenen Daten liefern ein repräsentatives Bild für den rheinland-pfälzischen Wald. Für Aussagen zu einzelnen Regionen ist der Stichprobenumfang dagegen meist leider zu gering.
Welche Verfahren werden bei der Bundeswaldinventur angewendet?
Die Bundeswaldinventur wird in ganz Deutschland durchgeführt. An jedem Stichprobenpunkt werden etwa 150 Merkmale ermittelt. Deutschland wird für die Waldinventur mit einem Gitternetz aus 4 x 4 km großen Quadraten überzogen. Bei Bedarf kann das Gitternetz verdichtet werden, um erweiterte Auswertemöglichkeiten bei noch erträglichem Fehlerrahmen zu erreichen. Rheinland-Pfalz hat aus diesem Grund ein Stichproben-Gitternetz von 2 x 2 km gewählt. An den Schnittpunkten des Gitternetzes liegen so genannte Trakte, Quadrate mit einer Seitenlänge von 150 Meter. Liegt mindestens eine Ecke dieses Traktes im Wald, spricht man von einem Waldtrakt. In der BWI4 wurden in Rheinland-Pfalz 2.921 Waldtrakte erfasst. Dies waren in Rheinland-Pfalz 8.575 Traktecken (Stichprobenpunkte) auf der gesamten Waldfläche.
Auch auf Ebene der Stichprobenpunkte ist es hinsichtlich des Zeitaufwandes unmöglich, jeden einzelnen Baum zu erfassen. Durch die Anwendung statistischer Methoden werden daher sog. Probebäume ausgewählt und erfasst. Hier kommt in der Bundeswaldinventur unter anderem die Winkelzählprobe zum Einsatz. Sie ist ein optisches Verfahren zur Auswahl von Probebäumen über sieben Zentimeter Brusthöhendurchmesser, welche zur Ermittlung von Baumartenflächen- und Anteilen, Holz- und Kohlenstoffvorräten lebender Bäume sowie Zuwächsen und Nutzungen verwendet werden. Neben der Winkelzählprobe wird auch das Verfahren fester und konzentrischer Probekreise angewendet, beispielsweise für die Erfassung der Verjüngung, des Totholzes und der Waldstruktur (Mischung und Schichtigkeit).
Sind die Datenbanken zur Bundeswaldinventur frei zugänglich?
Die Datenbanken zur Bundeswaldinventur stehen nicht nur den Bundesländern oder wissenschaftlichen Fachkreisen für ihre Auswertungen und Bewertungen zur Verfügung, sondern sind im Internet für alle Interessierten unter https://bwi.info/ frei zugänglich.