Feldahorn
Der Feldahorn ist ein sommergrüner Strauch oder Baum zweiter Ordnung, da er maximal eine Höhe von 20 Metern erreicht (das höchste bekannte Exemplar misst 28 Meter). Eine Trauben-Eiche im Vergleich kann beispielsweise bis zu 40 Meter hoch werden. Dennoch hat der Feldahorn, ähnlich der Traubeneiche ein intensives Herzwurzel-System.
Das vielleicht am einfachsten zu merkende Differenzialmerkmal, zur Abgrenzung gegenüber anderen Baum- und insbesondere Ahorn-Arten sind die Blätter. Diese sind beim Feldahorn drei- bis fünflappig, wobei die Lappenspitzen abgerundet sind. Sie sind deutlich kleiner als die Ihrer größeren Verwandten, Berg- und Spitzahorn. Der Blattstiel zeigt einen grün-rötlichen Verlauf hin zum Blattgrund. Das im Herbst fallende Laub kann vergleichsweise leicht zersetzt werden, bildet also eine "milde" Bodenstreu.
Ebenfalls typisch für den Feldahorn sind die Korkleisten, die sich mit der Zeit an älteren Zweigen bilden können. Diese entstehen aus Lentizellen, die zunächst in achsialer Richtung als helle "Striche" und zunehmend als Leisten wahrgenommen werden und sich deutlich vom rötlich-braun bis dunkler braun werdenden Zweig abheben. Die flaumige Behaarung der jungen Zweige geht bereits im zweiten Jahr verloren. Im gleichen Atemzug wird die Borke mehr und mehr längs- und schließlich netzrissig.
Die monopodiale Terminalknospe ist größer als die anliegenden Seitenknospen (allerdings nicht so eng anliegend wie beim Spitz-Ahorn). In der Fachliteratur werden die Knospen eher als stumpf, schuppig und behaart bezeichnet. Ein echtes Differenzialmerkmal ist der schwarze horizontale Streifen etwa auf der Mitte der Schuppe, wie er von Godet beschrieben wird. Die Knospen sind am Zweig kreuzgegenständig angeordnet.
Die sich im Mai/Juni entwickelnden Blüten sitzen rispenartig am Ende einjähriger Triebe. Die Pflanze ist einhäusig, was bedeutet, dass männliche wie weibliche Blüten auf einem Pflanzenexemplar zu finden sind. Die Früchte weisen die ahorntypischen Flugapparate auf, deren Ausrichtung ist jedoch fast horizontal ist (ähnlich Spitz-Ahorn) und nicht stark angewinkelt wie beim Berg-Ahorn.
Verbreitung und Standortansprüche
Der Feldahorn ist nahezu in ganz Europa, von der kollinen bis zur montanen Stufe zu finden. Obwohl schattertragend findet man ihn als Baum 2. Ordnung zwar auch in lichten, krautreichen Laubmischwäldern. Häufiger jedoch ist er im Waldrandbereich, Feldgehölzen, Parks und Gärten zu finden. Er bevorzugt gut nährstoffversorgte, frische bis zeitweilig trockene Standorte.
Der von Natur aus eher kleinwüchsige Feldahorn (Acer campestre) ist Baum des Jahres (BdJ) 2015, ausgerufen durch das Kuratorium Baum des Jahres als die laufende Nr. 27 der seit 1989 existierenden BdJ-Liste.
Und damit sind nun alle drei der bei uns heimischen Ahorn-Arten in diese Ehrenliste aufgenommen. Denn den beiden großen Brüdern des Feldahorns wurde diese großartige Würdigung bereits früher zuteil, dem Spitz-Ahorn (Acer platanoides) 1995 als Nr. 7 und dem Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus) 2009 als Nr. 21.
Aber aufgepasst: "Feldahorn" ist nicht "Feldahorn"!
Während das Bindestrichwort eindeutig die Art Acer campestre bedeutet, wird das Wort ohne Bindestrich häufig dafür verwendet, alle in einer Hecke vorhandenen Ahornarten im Offenland undifferenziert zu bezeichnen.
Der Feldahorn trägt auch noch den volkstümlichen Namen "Maßholder". Dieser leitet sich von der früheren Verwendung der jungen Blätter dieses Gehölzes als "Speisebaum" ab ("mazzaltra" ist althochdeutsch und bedeutet Speise, "holder" nimmt Bezug auch den holunderartigen Wuchs). Die ähnlich wie Sauerkraut eingestampft vergorenen Blätter sollen von angenehmem Geschmack sein - heißer neugieriger Tipp des Autors, diese originelle Speise selbst einmal aufzubereiten und zu verkosten!
Wo der Feldahorn wächst und sich wohl fühlt
Die aktuelle Verbreitung des Feldahorns ist sehr stark durch den Menschen beeinflusst: man kann ihn heutzutage fast als Universaleuropäer mit Schwerpunkt in den gemäßigten Zonen bezeichnen, kommt er doch mit Ausnahme der skandinavischen Länder sowie Irland und Schottland teils flächendeckend, teils mit isolierten Vorkommen in den Laubwäldern der anderen Länder vor (siehe Verbreitungskarte von EUFORGEN).
Nachgewiesener Maßen gab es jedoch in Norden Deutschlands keine natürlichen Vorkommen. Dennoch zeigte die kürzlich deutschlandweit durchgeführte Studie "Erfassung und Dokumentation genetischer Ressourcen seltener und gefährdeter Baumarten in Deutschland" auf, dass der Feldahorn zum einen keineswegs eine seltene Gehölzart ist und zum anderen sich dieser in allen untersuchten Bundesländern recht wohl zu fühlen scheint und die Bestände in der Lage sind, sich natürlich zu verjüngen - einzige Ausnahme Mecklenburg-Vorpommern. In Rheinland-Pfalz/Saarland konnte hinsichtlich der genetischen Vielfalt hierbei ein westdeutsches Genzentrum mit hoher Baumzahl im Saar-Nahegebiet abgegrenzt werden.
Wenngleich der Feldahorn infolge seines langsamen Wachstums und seiner geringen Wuchshöhe von 15-20 m (als freistehender Einzelbaum ausnahmsweise hin und wieder über 20 m) als echter Waldbaum eine untergeordnete Rolle spielt, so ist er doch vielfach an Waldrändern anzutreffen. Vorzugsweise ist er natürlich - namensgeben - im Offenland als Feldgehölz vorzufinden. In Siedlungsbereichen wird er gerne als Hecke angepflanzt und wächst als Solitäre in verschiedenen Zuchtformen in Parks und Gärten. Er nimmt auch eine bedeutende Rolle als Begleitgrün in Windschutzstreifen entlang von Autobahn- und Straßentrassen und Wasserstraßen wie auch als Knick (das sind Wallhecken in der offenen Landschaft) ein. Wegen seiner geringen Standortansprüche und seiner hohen klimatischen Anpassungsfähigkeit mit weitgehender Unempfindlichkeit gegenüber Frost, Hitze und (Stark)wind gehört er zu den Gehölzarten, die im Zuge des Klimawandels eindeutig an Bedeutung gewinnen - also: klein, aber oho!
Der Feldahorn - Baum oder Strauch?
Da der Feldahorn vielfach einen strauchartigen Habitus besitzt, d.h. er wächst von unten her mehrstämmig in die Höhe, stellt sich die Frage danach, ob diese Gehölzart ein echter Baum oder ein Strauch ist. Die Antwort ist ja, denn per definitionem sollen Bäume im Alter einen unteren astfreien Stammabschnitt entwickeln, und dies trifft, wenngleich eine Nebenbaumart im forstwirtschaftlichem Sinne, für den Feldahorn zu.
Der Feldahorn - ein interessanter Charakterbaum
Beim Feldahorn treiben im Frühjahr aus den sehr kleinen Knospen Blätter mit später 5-10 cm breiter Spreite mit 5 stumpfen Lappen und dazwischen liegenden abgerundeten Blattbuchten aus. Der Blattstiel führt weißlichen Milchsaft.
Die Blüten sind morphologisch zweigeschlechltich, die individuellen Bäume sind damit formal einhäusig. Allerdings bedingen die verkümmerten Anlagen jeweils eines Geschlechts, dass die Blüte entweder männlich oder weiblich ist und die Bäume dann vorwiegend nur eines Geschlechts sind. Die Blüten werden von Insekten bestäubt, was eine bedeutsame Weide auch für Bienen darstellt. Die Blütezeit findet zumeist im späten April statt, wenige Tage vor oder zusammen mit dem Blattaustrieb.
Es reifen Samen (Nüsschenfrucht) mit zwei Flügeln heran, die nahezu waagrecht gerade zueinander stehen - das eindeutige Erkennungsmerkmal des Feldahorns!
Eine Besonderheit ist die Keimruhe, die mindestens 1 Jahr anhält, nachdem die Samen Ende September herangereift und im Oktober per Wind verbreitet worden sind. So sind also auskeimende Sämlinge erst im übernächsten Frühjahr festzustellen. Die Entwicklung in den ersten Jahren ist allem voran durch die Ausbildung eines Herzwurzelsystem zwecks fester Verankerung des zukünftigen Baums im Boden geprägt, der bis zu 200 Jahre alt werden kann.
Eine weitere Besonderheit beim Feldahorn sind die Korkleisten auf der Rinde von jungen Zweigen. Die Borke ist hellgrau bis bräunlich gelb, sie ist korkig und zerreißt dann in rechteckigen Feldern in eine typische Schuppenborke.
Das Holz des Feldahorns ist von rötlich-weißer bis weißer Farbe. Es weist zumeist eine schöne Maserung auf und besitzt als reifholzbaum keinen farbigen Kern. Es ist als Drechsel-, Schnitz- und Tischlerholz sehr geschätzt. Es wird gerne für Parkettböden und besondere Möbel gerne verwendet. Als Furnierholz erzielen besonders schöne Stämme Spitzenpreise.
Waldbaulich betrachtet kommt der Feldahorn für eine Nutzung in der Nieder- und Mittelwaldbewirtschaftung in Frage infolge seines mehrstämmigen Wuchses und der Eigenschaft, aus Baumstümpfen erneut auszutreiben - Schlagwort "Brennholznutzung"!
Schutzmaßnahmen für den Feldahorn
Anders als der Spitz- und Bergahorn unterliegt der Feldahorn nicht dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG), das das Inverkehrbringen und den Handel des Saatguts von der Ernte bis zum Endnutzer regelt. Um die Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt auch solcher nicht-FoVG-Baum- und von Straucharten zu steuern, wurden von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Erhaltung forstlicher Genressourcen und Forstsaatgutrecht“ deutschlandweit neun Herkunftsgebiete ausgewiesen. Betroffen sind 12 Baumarten, darunter der Feldahorn sowie 20 Straucharten wie beispielsweise die Haselnuss und der Kreuzdorn. Auf Basis dieser Empfehlungen sollen Saat- und Pflanzgut dieser einheimischen Gehölze von regionaler Herkunft in der freien Landschaft Verwendung finden.
Die Erhaltung und Förderung der genetischen Ressourcen von Feldahorn ist auch von nationalem Interesse. So wurde in Rheinland-Pfalz und Bayern jeweils eine Klonsamenplantage (syn. –samengarten) mit 80 Klonen (RP) und 75 Klonen (BY) angelegt, um ex-situ- Generhaltung zu betreiben wurden. Eine in-situ-Generhaltung findet zudem mit der Ausweisung von Feldahornvorkommen (Bestände, Einzelbäume) in weiteren Bundesländern statt.
Als Fazit kann festgehalten werden, dass man sich viel Mühe mit dem kleinsten der heimischen Ahornarten, dem Feldahorn gibt: einerseits mit der Ausrufung zum Baum des Jahres 2015 und dem damit verbundenen Interesse der Öffentlichkeit, und andererseits mit all den Maßnahmen, diese gern übersehene Baumart als wichtiges Generhaltungsobjekt für die Zukunft zu fördern und insbesondere als wichtigen Bestandteil unserer Naturlandschaft zu erhalten.
Ein kleines persönliches Nachwort:
Bis heute sind nun seit 1989 27 heimische Bäume zum jeweiligen Baum des Jahres gekürt worden. Das ist gut so, und der Autor des obigen Beitrags ist dem Kuratorium "Baum des Jahres" sehr dankbar dafür. Allerdings vermisse ich seit längerem, dass die Baumart Edel-Kastanie (Castanea sativa), die gerade bei uns im südwestdeutschen Raum nicht wegzudenken ist, aber auch anderswo in Deutschland beheimatet ist, eine entsprechende Würdigung erfährt. Und sie ist ja seit Jahrhunderten als geschätzter Vielzweckbaum ein wichtiger Zukunftsbaum mit Blick auf den Klimawandel. Zeit also für den Baum des Jahres 2016, die Edel-Kastanie? Ja, es wird wirklich Zeit!
Ich bitte Sie also, liebe Leserinnen und Leser, mich bei dieser Aktion zu unterstützen und sich in Form eines Leserbriefs an das Kuratorium zu wenden. Vorschläge zur Baumart sind dort gewünscht! Kontakt: www.baum-des-jahres.de .
Danke für Ihre Mitwirkung.
Dr. Werner Maurer, Kaiserslautern-Dansenberg (vormals FAWF Trippstadt)