Kostbarkeit Moore
Hangmoore im Hunsrück
Die Moore im Hunsrück kann man von der Hydrologie her als Quell- und Hangmoore bezeichnen und sind eine der typischen Landschaftsformen im Idarwald. Die Moore konnten sich über den wasserstauenden Schichten an den Hängen des Quarzitrückens bei niederschlagsreichem, kühlen Klima der Hochlagen des Hunsrücks bilden.
Hangbrücher im Idarwald
Im Idarwald finden sich unzählige kleine und besondere Moorstandorte, die ihren unschätzbaren Wert haben. Eine Besonderheit sind sie schon, diese Moore, die sogenannten Hangbrücher, die auf beiden Seiten des Gebirgskammes vorkommen: Einzigartige, hochsensible Lebensraumtypen. Die so g. Niedermoore erreichen in Quellbereichen über Stauschichten zum Teil beträchtliche Ausdehnungen. Zahlreiche Hangbrücher finden sich im Forstamt Idarwald, zum Beispiel das „Gebrannte Bruch“ östlich von Bischofsdhron und weitere wie das Friedwaldbruch, Oberluderbruch, Oberschockelbruch, Palmbruch, Rehbruch, Hilsbruch, Krempertsbruch und Ortelsbruch. Die Moore sind Teil der ursprünglichen, natürlichen Landschaft des Hunsrücks.
Die wasserundurchlässigen Erdschichten unter dem Einfluss kühlen, niederschlagsreichen Klimas ließen im Hunsrück Hangmoore entstehen: Abgestorbene Pflanzenteile verrotten bei hoch anstehendem Wasser nicht mehr vollständig. Die unzersetzten Pflanzenmassen bilden dicke Torfschichten. Sie nehmen zusammen mit den Torfmoosen wie ein Schwamm das verfügbare Wasser auf. Die Hunsrückmoore sind im Durchschnitt 60 Zentimeter dick, mit einer Auflagedicke zwischen 10 Zentimeter bis 1 Meter; sie sind z.T. mehrere Tausend Jahre alt.
Seltene Ökosysteme
Moore sind wichtige Rückzugsareale für besondere Tier- und Pflanzenarten. Die Hangbrücher weisen sehr interessante und landesweit sehr seltene Pflanzengesellschaften auf, darunter Birken- und Erlenbruchwälder, Moorwälder, Kleinseggenriede, Moorheiden und Quellfluren. Flora und Fauna zeigen hier einige vorkommende besonderen Arten auf: über 15 verschiedene Torfmoosarten, verschiedene Wollgräser, die gewöhnliche Moosbeere, der Rundblättrige Sonnentau, Farne, Seggen, auch Orchideen, Moorbirke, die Mooreidechse, viele Libellenarten wie die kleine Moosjungfer oder die Torfmosaikjungfer, Schmetterlingsarten wie der Hochmoor-Perlmutterfalter, spezialisierte Ameisen…
Kein Moor ohne Wasser
Die Torfmoose sind die Hauptakteure bei der Torfbildung. Sie können ein Vielfaches ihrer Trockenmasse an Wasser speichern. Das Wasser ist der entscheidende Faktor der Moorentwicklung. Der Wasserhaushalt eines Moores muss daher immer im Zusammenhang mit seinem Wassereinzugsgebiet und seiner Beanspruchung betrachtet werden.
Die Hangbrücher sind besonders durch das Wirken der Menschen geprägt: Seit dem 19. Jahrhundert wurden in den hochsensiblen Moorwaldflächen systematisch Netze von Entwässerungsgräben angelegt und unterhalten, um diese Standorte für die Holzproduktion und das Torfstechen nutzen zu können. Das Fließgewässernetz wurde im Bereich der Hangbrücher oft zur Entwässerung der Moore umgestaltet, während die Bäche des ldarwaldes sonst naturnah sind. Moore sind Primärbiotope, das bedeutet, dass sie sich bei natürlichen Standortbedingungen normalerweise selbst erhalten.
Was machen wir?
Wir wollen in den Hunsrückmooren moorbegünstigende Standortbedingungen sichern, wieder herstellen und wiedervernässen. WIE?
- Wasserrückhalt durch nachhaltiges Aufhalten des Regenwassers im Gebiet (Renaturierung)
- Schonendes Verschließen ehemaliger Entwässerungsgräben durch Erdplomben oder Holzdämmen
- Oberflächennahe Wasserstände
- Erreichen eines langzeitigen Wasserüberschusses im Moor
Gesunde intakte Moore verzögern den Abfluss des Niederschlagswassers wie ein Schwamm und filtern das Wasser. Mit dem Moorschutz tragen wir zum Hochwasserschutz bei Starkregenereignissen und zum Trinkwasserschutz bei. Die Maßnahmen senken den Wasserabfluss bei Starkregen und es lässt sich eine gleichmäßigere Abgabe im Jahresverlauf feststellen. Torf kann sich wieder bilden. Naturräume werden wiedererweckt. Hangmoore können ihre Funktionen als Kohlenstoffspeicher und als Lebensraum spezialisierter Arten wieder erfüllen.
Moore des Hunsrücks mit ihren speziellen Pflanzengesellschaften und Arteninventar wurden aufgrund ihrer Seltenheit, Bedrohung und ihrer außergewöhnlichen Standorte als Flora-Fauna-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete) ausgewiesen und als Projektgebiete für das Projekt LIFE Moore (2011-2016) ausgewählt. Mit der Ausweisung eines Großflächen-Naturschutzgebietes im ldarwald wurde die Grundlage für die Sicherung und Regeneration der Moore und die Förderung naturnaher Wälder geschaffen. Zusammen mit unserem wichtigen Projektpartner Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz (SNU) erhalten und restaurieren wir im Forstamt Idarwald Moorstandorte im Rahmen der Projekte Moore. Dadurch kann der Impuls zu einer positiven Entwicklung ausgewählter Moore gegeben werden. Das Schutzprojekt "Oberschockelbruch" bei Morbach wird durch die AKTION GRÜN des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten gefördert.
Moorrenaturierung: Wie geht das?
- Gezielte Entwicklung von Moorrandbereichen
- Förderung moorbegleitender Offenländer
- Entfernung standortfremder Gehölze und Entbuschung auf ehemaligen Moorstandorten
- Rückbau von Entwässerungsgräben
- Wasseranstau im Moorgebiet
- Rückbau von Wegen
- Monitoring
- Rückbaumaßnahmen bei der Wassergewinnung: Ungebremste Ableitungen der Wasserüberschüsse in talseitige Gewässer sollten unterbunden werden.
Mehr Informationen:
Margret Scholtes: Die Brücher – Mittelgebirgsmoore im Hunsrück-dargestellt am Beispiel des Naturschutzgebiets "Hangbrücher bei Morbach"
Wortherkunft: Das Wort Bruch ist dem mittelhochdeutschen bruoch oder dem althochdeutschen bruoh entlehnt. Eine weitere mögliche Herkunft könnte das westgermanische brōka (=Sumpfland) oder das germanische brak (=Sumpf, stehendes Gewässer) sein. Das Wort ist seit dem 11. Jahrhundert belegt. (Quelle: Friedrich Kluge, bearb. v. Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache)
Strukturreiche und abwechslungsreiche Biotopkomplexe
Auszug aus der Beschreibung eines der NATURA 2000 - FFH-Gebiete:
"Charakteristisch für das Gebiet sind die zahlreichen Brücher und Hangmoore, die sich an flächigen Quellaustritten der Unterhänge entwickelt haben. Lichte Birkenmoorwälder, Erlenbruchwälder, Flachmoore und Übergangsmoore bilden hier reich strukturierte und abwechslungsreiche Biotopkomplexe. Wegen ihrer Seltenheit und ihrer guten Ausprägung sind sie als Lebensraum hochspezialisierter Tier- und Pflanzenarten von überregionaler Bedeutung. Typisch für das Gebiet, aber nur selten vorkommend, sind die Torfmoosarten Sphagnum magellanicum, Sphagnum papillosum und Sphagnum capillifolium sowie die Kleine Moosbeere (Vaccinium oxycoccus), Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia) und Scheidiges Wollgras (Eriophorum vaginatum) als weitere Hochmoorarten."
Beschreibung der Brücher in Naturschutzgebiet - Alben
Die Brücher sind in den Naturschutzgebiet-Alben beschrieben:
- NSG-Album: Friedwaldbruch bei Morbach (Stand: März 2015)
- NSG-Album: Hangbrücher bei Morbach - Teilgebiet Gebranntes Bruch (Stand: September 2013)
- NSG-Album: Hangbrücher bei Morbach - Teilgebiet Oberluderbruch (Stand: Februar 2012)
- NSG-Album: Hangbrücher bei Morbach - Teilgebiet Palmbruch, Oberschockelbruch (Stand: Februar 2018)
- NSG-Album: Hangbrücher bei Morbach - Teilgebiet Rehbruch (Stand: März 2015)
- NSG-Album: Hilsbruch (Stand: Oktober 2013)
- NSG-Album: Krempertsbruch (Stand: April 2012)
- NSG-Album: Ortelsbruch (Stand: Juli 2011)
Die Naturschutzgebiet-Alben geben einen anschaulichen Überblick über die Schwerpunkte der Biotopentwicklung und seiner Betreuung.
Betreut werden diese Naturschutzgebiete durch Margret Scholtes, Deuselbach, m.scholtes(at)t-online.de.
Die Alben zeigen eine Auswahl der stattgefundenen Maßnahmen und Bilder über die weitere Entwicklung von schützenswerten Biotopen und der besonders relevanten Tier- und Pflanzenarten.
Moorbirke: Baum des Jahres 2023
Die ältesten Moorbirken der Welt sind wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge im Forstamt Idarwald zu finden. Mehr als 170 Jahre haben die Einzelbäume auf dem Buckel beziehungsweise unter der weiß- bis grauborkigen Rinde! Ihre Blätter und Zweige tragen einen weichen Haarpelz, eine Art "jugendlicher Flaum". Die Moorbirke ist in den Hangbrüchern des Hunsrücks heimisch. Zahlreiche Hangbrücher zeugen davon im Forstamt Idarwald: Friedwaldbruch, Oberluderbruch, Oberschockelbruch, Palmbruch, Rehbruch, Hilsbruch, Krempertsbruch und Ortelsbruch.
Schon seit langen Jahren fördert das Forstamt die Erhaltung dieser Brücher und Moore durch gezielte Renaturierung, Wiedervernässung und Ausweisung von Größflächen-Naturschutzgebieten. In anderen wertvollen Sonderstandorten bewirtschaften Forstleute den Wald nur extensiv oder verzichten ganz auf die Bewirtschaftung. Damit wird nicht nur ein Beitrag für den Klimaschutz geleistet ("CO2"!), sondern auch den Schutz und Erhalt der Moorbirke gefördert. Da freut es die Forstleute besonders, dass die Moorbirke von der Baum-des-Jahres-Stiftung zum "Baum des Jahres 2023" gewählt wurde.
Der Name des Pionierbaums weist schon auf seine Lieblingsstandorte hin: Moor-, Bruchwälder, Auenwälder, Weidensümpfe und feuchten Waldlichtungen. Die anspruchslose Pionierbaumart produziert extrem viele und leichte Samen, die weit fliegen können; dadurch besiedelt die Moorbirke rasch neu entstandene Lebensräume. Mit nährstoffarmen Standorten, Kälte und Frost kommt sie prima zurecht. Im Idarwald begegnet man vielen Pflanzen, mit denen sich die Moorbirke gerne vergesellschaftet: Rauschbeere, Moosberre Königsfarn, Wollgras, Siebenstern, Sonnentau, Seggen und verschiedene Torfmoosarten. Mit der Moorbirke rückt ein Baum in den Fokus, der daran erinnert, wie wichtig es ist, Moore zu schützen.
Baumartenportät der Moorbirke: hier.
Weitere Informationen über die gekürten BÄUME DES JAHRES finden Sie hier bei der Dr.Silvius Wodarz Stiftung.