Junge Beraterinnen und Berater forsten ehrenamtlich im Stadtwald Lahnstein auf
Am vergangenen Samstag haben 27 junge Berater:Innen der Capgemini Deutschland GmbH aus Köln und Frankfurt mit Verstärkung von Jugendlichen aus Bochum über 600 Bäume im Stadtwald Lahnstein gepflanzt. Die Aufforstungsaktion fand im Rahmen der Nachhaltigkeitsinitiative einer der weltweit größten Unternehmensberatungen mit Unterstützung des Forstamtes Lahnstein statt.
Wälder der Stadt Lahnstein und in Rheinland-Pfalz vom Klimawandel betroffen
Organisiert und vorbereitet wurde die Aktion vom Forstamt Lahnstein. Früh morgens reisten die jungen Leute aus Köln und Frankfurt an. Zu Beginn führten der Büroleiter des Forstamtes, Stefan Bäcker und Aaron Schwinn in die Fläche und die zu pflanzenden Bäume ein. Die Fichten, die hier einmal stockten, waren im Rahmen der Aufforstungen nach den Reparationshieben als Folge des zweiten Weltkrieges gepflanzt worden. In Deutschland hatte es damals überall an Holz aus den heimischen Wäldern gemangelt, vor allem Bauholz wurde sehr knapp und teuer. Mit der Fichte erhoffte man sich schnellen und hohen Ertrag, um die Übernutzung der Wälder möglichst zügig ausgleichen zu können. Wohlwissend, dass die Fichte in den Lagen an sich nicht heimisch ist. Damals zeichnete sich jedoch noch nicht der Klimawandel mit seinen Folgen auf den Waldbau und die Forstwirtschaft ab. Die extremen Temperaturen wie auch die trockenen Sommer setzen den Fichten als flachwurzelnder Baumart besonders zu. Der Borkenkäfer greift die geschwächten Fichten in der Folge an. Allein im Stadtwald Lahnstein, so Revierleiter Aaron Schwinn gibt es bereits 200 ha dieser sogenannten Kalamitätsflächen. In Deutschland fielen in den vergangen 4 Jahren ca. 500.000 ha dem Klimawandel zum Opfer, 5,5 Mio. Bäume wurden allein 2018 und 2019 in Deutschland notgefällt. Die Folge davon sind Kahlschläge, die eigentlich schon längst der Vergangenheit angehört haben. Es zeichnet sich jedoch nun ab, dass vermehrt die Rotbuche auf den Klimastress reagiert und für die Forstleute zunehmend zu einer Herausforderung wird. Insgesamt weisen heute bereits 82 % der Waldbäume in Rheinland-Pfalz Schäden auf, die auf Klimaveränderungen und Schadstoffe zurückzuführen sind. Die Schäden allein in Rheinland-Pfalz belaufen sich auf über mehrere 100 Mio. €, so das zuständige Ministerium in Mainz. Der Stadtwald von Lahnstein ist hier genauso betroffen.
Haben Sommerlinde, Vogelkirsche und Walnuss eine Zukunft?
Über die Ursachen der Kahlfläche und die Konsequenzen des Klimawandels informierten der Waldpädagoge Willi Bausch-Weis vom Forstamt Lahnstein und der ehemalige Forstreferendar Carsten Krinke, heute Direktor bei Capgemini, die jungen Kollegen und Kolleginnen. Auch die Wissenschaft sei sich heute nicht sicher, ob die Baumarten wie die Vogelkirsche, die Mehlbeere, die Sommerlinde oder die Walnuss noch in 30 oder 80 Jahren eine Überlebenschance haben. Es wurde hierzu auf den Weltklimabericht des Weltklimarates aus 2022, die verschiedenen Entwicklungsszenarien für die Temperaturen in Abhängigkeit von der Einsparung an Treibhausgasen verwiesen. Die „Wette“ auf die zuvor genannten Arten geht von einer maximalen globalen Klimaerwärmung von 1,5-1,8 Grad Celsius aus. Wenn man bedenkt, welche Folgen die letzte große Eiszeit mit 6 Grad Differenz, die kleine Eiszeit im Mittelalter mit einer Differenz von nur 1,5 Grad hatte, wird deutlich, wie massiv sich scheinbar geringfügige Änderungen der Jahresdurchschnittstemperatur auswirken. Davon bleiben auch die Wälder des Forstamtes Lahnstein nicht verschont. Wenn sich nichts ändert, werden wir Ende des Jahrhunderts eine Witterung wie in Südeuropa haben. Wir alle erinnern uns an die Niedrigstpegel des Rheines, wo unter anderem der Mäuseturm in Bingen fußläufig erreichbar war. Und wir erinnern uns an das Wetterextrem in der Eifel und an der Ahr mit den katastrophalen Auswirkungen. Diese Klimaunbilden werden, so die Forscher des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung, sogar weiter zunehmen.
Graupel, Regen und Schneefall – nichts konnte die jungen Menschen aufhalten
Davon, wie auch den Unbilden des Wetters, mit Graupel-, Regen- und Schneeschauern ließen sich jedoch die Teilnehmer*innen im Alter von 4-57 Jahren nicht entmutigen. Er wurden in sogenannten Klumpen Mischungen der oben genannten Baumarten gepflanzt. Ein Klumpen besteht dabei aus 25-50 jungen Bäumen. Jeder Pflanzplatz für einen Klumpen war deutlich markiert worden. Diese Aufforstungen sind weithin sichtbar, denn aufgrund der Wald-Wildproblematik müssen die jungen Pflanzen vor Verbiss und Fegen mit sogenannten weißen Tubex-Hüllen geschützt werden. Für die Förster*innen des Forstamtes Lahnstein ist das durchaus ein Zwiespalt, da hier sehr viel, wenn auch recyclingfähiges Plastik, in den Wald zum Schutz der 15-50 cm großen Jungpflanzen gestellt werden muss. Diese Schutzhüllen sieht man nun vermehrt in den Wäldern rund um Lahnstein. Sie sind jedoch ein positives Zeichen, dass Waldeigentümer wie die Stadt Lahnstein und deren Förster hier schnell auf den Klimawandel reagieren und auf die brachgefallenen Flächen eine Folgebestockung aufbringen. Das ist mit Blick auf den Klimawandel extrem wichtig. Durch die hohen Temperaturen und die Trockenheit in den vergangenen Sommern wird das Humusmaterial sehr schnell umgesetzt und abgebaut. Es geht den Böden und damit den Baumwurzeln als wichtige Nährstoffquelle verloren, kann sogar das Grundwasser belasten. Zugleich wird sehr viel zusätzliches CO2 freigesetzt. Das Grün einer Folgebestockung verlangsamt diesen Abbauprozess und die Wurzeln der jungen Bäume binden die Nährstoffe. Weiterhin wird vermieden, dass die Kahlflächen mit Gräsern und Brom- wie auch Himbeere versteppen.
Ein ereignisreicher Tag geht zu Ende!
Den vielen interessierten Fragen der jungen Menschen stellte sich das Team vom Forstamt Lahnstein. Fragen zum Wald, dem Klimawandel und den Maßnahmen der Waldeigentümer wie auch zum Beruf wurden beantwortet. Verstärkt wurde das Forstamtsteam von Sonja Blum, die ebenfalls eine Zeit lang zusammen mit Silke Weyer den Stadtwald betreut hatte. Überrascht waren die Teilnehmenden, dass sie mit 600 Pflanzen erst einen kleinen Teil der insgesamt für diese Fläche vorgesehenen 5.600 Pflanzen gesetzt haben. Doch auch der Spaß sollte nicht zu kurz kommen. Gestärkt wurden die jungen Pflanzer*innen mit vegetarischen und Wildbratwürstchen durch Kollege Markus Schmidt. Das Engagement der jungen Berater*innen für den Klimaschutz wurde schon bei der Anreise deutlich, da die Mehrzahl mit dem Zug anreiste. Und so war der Anteil der Vegetarier*innen insgesamt doch sehr hoch. Am Ende bedankte sich ein sichtlich vom Erfolg der Aktion beeindruckter Forstamtsleiter Andreas Nick bei den jungen Menschen. Trotz eines starken Schneeschauers wurde sogar eine Stunde länger gepflanzt als geplant war. Zum Dank erhielten die Pflanzenden u. a. die Broschüre „Der Wald ist klimakrank“ der Landesforsten sowie wahlweise einen Bausatz für einen Holznistkasten oder ein Hummelhotel, die in einer Justizvollzugsanstalt gefertigt worden waren. Einige verabredeten sich, „ihren“ Wald in 2-3 Jahren gemeinsam anzusehen. Andere wollen sich bei künftigen Aktionen des Forstamtes z. B. mit den Lahnsteiner Schulen wieder beteiligen. Mit vielen Eindrücken aus der Region, den Eindrücken des Pflanzens von jungen Bäumen und sich dem Klimawandel ein bisschen entgegengestellt zu haben, fuhren die Berater*innen am Nachmittag müde aber glücklich mit einer ganz neuen Sicht auf den Stadtwald Lahnstein wieder in ihre Heimat.