Wald in der Klimakrise – Helfen wir ihm!
Die Klimakrise ist im Herzen unserer Wälder angekommen – mit voller Wucht! Die dramatische Entwicklung lässt sich überall beobachten. Millionen Bäume sind seit 2018 durch Hitzewellen, Dürre, Stürme und Starkregen in Rheinland-Pfalz abgestorben. Betroffen sind nicht nur vom Borkenkäfer heimgesuchte Fichten. Selbst die von Natur aus bei uns am häufigste vorkommende Buche und weitere Baumarten leiden. Bis zur Jahresmitte 2023 sind schon über 40.000 Hektar Schadensflächen entstanden auf denen der Wald jetzt schmerzlich und akut fehlt. Das entspricht umgerechnet rund 100 Quadratmeter für jede und jeden von uns!
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Was wir Forstleute tun, damit es dem Wald besser geht
Wir alle müssen etwas tun, damit die Bäume von heute auch morgen noch eine Zukunft haben. Was der Wald alles für uns leistet, war bis vor wenigen Jahren selbstverständlich. Die Klimakrise und das Bäume-Sterben zeigen: Das ist es nicht.
Der Wald ist wichtig für das Klima: Allein in Rheinland-Pfalz kompensiert er rund ein Viertel des CO2–Ausstoßes. Er speichert Wasser und reinigt die Luft. Außerdem schützt er die Artenvielfalt und bietet uns einen wunderbaren Erholungsraum. Durch ihn haben wir den klimafreundlichen Rohstoff Holz und viele Leute einen Arbeitsplatz.
Wir von Landesforsten Rheinland-Pfalz haben Respekt vor der Natur. Dies gilt auch für die Waldbäume, die uns als extrem langlebige Lebewesen besonders beeindrucken und uns täglich anleiten, generationenübergreifend zu denken.
Wir gehen achtsam mit den uns anvertrauten Wäldern um, auch bei der Ernte von Waldbäumen oder der Pflege des Baum-Nachwuchses.
Die wichtigsten Punkte, was wir Forstleute tun, damit es dem Wald gut geht, lesen Sie hier:
Wir haben ein Konzept: Naturwald+
Auf dem Weg zum Klimawald der Zukunft setzen wir auf vielfältige, strukturreiche Mischwälder und vorrangig auf die natürliche Ansamung heimischer Baumarten – in Jungwäldern sind bereits heute 87 Prozent der Bäume so gewachsen. Die Samen haben Tiere oder der Wind verbreitet. Diese natürliche Verbreitung ergänzen wir bei Bedarf punktuell durch Pflanzung dürreresistenterer Arten. So helfen wir dem Wald, sich schneller anzupassen als dies die Evolution vermutlich machen würde.
Weit überwiegend reichern wir den Wald mit heimischen Baumarten an. Wir nutzen das Saat- und Pflanzgut von Wäldern, denen bereits über Jahrhunderte eine Anpassung an ein trocken-warmes Kleinklima ihres Wuchsortes gelungen ist, beispielsweise auf besonders sonnenexponierten Hanglagen in Flusstälern wie Rhein oder Mosel.
Um die Widerstandsfähigkeit der Wälder in der Klimakrise darüber hinaus zu verbessern, bringen wir in bemessenem Umfang auch sorgfältig ausgewählte, ergänzende Baumarten vorwiegend aus dem südosteuropäischen Anschlussbereich ein. Dabei achten wir möglichst darauf, dass diese Baumarten in Ihrer Heimat bereits mit den bei uns vorkommenden Lebensgemeinschaften vergesellschaftet sind. Ihr Anteil soll 20 Prozent der gepflanzten Bäume nicht übersteigen. Beispiele sind Edelkastanie, Walnuss, Baumhasel oder die Zerreiche.
Diese Entwicklung zeigt sich nicht nur in den Statistiken und Daten der Bundeswaldinventur, sondern lässt sich in lebendigen Wäldern konkret beobachten. So kommen Mischwälder mit verschiedenen Baumarten in Rheinland-Pfalz bereits auf 82 Prozent der Fläche vor. www.wald.rlp.de/de/wald/beeindruckende-zahlen/bundeswaldinventur/
Wir erhalten den Wald und machen aus Freiflächen schonend neuen
Unser oberstes Ziel ist es, den Wald zu erhalten. Denn ist der einmal weg, fehlen auch all seine Leistungen für Menschen und Tiere. Für uns gilt auch in der Katastrophe: Wir arbeiten mit der Natur und nutzen Elemente einer spontanen Wiederbewaldung mit Pionierbaumarten.
Kahlschläge, die größer als ein halber Hektar sind, gehören in Rheinland-Pfalz unter normalen Bedingungen schon lange der Vergangenheit an. Durch Stürme oder die „Noternte“ von Borkenkäferbefall sind allerdings Freiflächen entstanden, die größer sind.
Dies dient dazu die weitere Ausbreitung des Borkenkäfers zum Schutz umliegender Waldbestände zu verhindern und somit Wald zu erhalten. Dies waren reine Fichtenbestände, die in den Nachkriegsjahren als Folge von Reparationshieben entstanden sind – und welche wir von Landesforsten so heute keineswegs mehr anlegen würden.
Jetzt wollen wir dort die Baumartenvielfalt erhöhen. Denn wo einst nur Fichten waren, sollen nun auch andere Baumarten ihren Platz haben. Wir pflanzen trockenheitstolerantere Arten und solche mit hohem Lichtbedarf. Das machen wir mit sogenannten „Klumpen“, also Baumgruppen aus 20 bis 40 Baumsetzlingen. Wir pflanzen diese an eine Stelle und lassen zwischen dem nächsten Klumpen viele Meter Abstand. Auf rund 80 Prozent der Fläche ist genug Platz für Samen, die die Natur ganz von alleine anbringt. So verkürzen wir die Zeit, die der Wald benötigt, um sich anzupassen. Das würde sonst viele Waldgenerationen dauern. Reißbrettartig geplante und gestaltete Altersklassenwälder gehören der Vergangenheit an.
Wir geben Impulse für die Entwicklung naturnaher Wälder
Wir arbeiten mit den Wäldern die uns unsere Vorfahren überlassen haben und geben noch vorhandenen reinen Nadelwäldern Zeit auf dem Weg zu mehr Naturnähe. Um ökologische Brüche zu vermeiden, leiten wir mit dosierten Impulsen eine langfristige Entwicklung zum Mehrgenerationen-Wald ein. Dazu pflanzen wir im Zuge einer „Vorausverjüngung“ Mischbaumarten wie die Buche unter den Kronenschirm der Altbäume. Auch hier erfolgt das Einbringen wieder in Kleingruppen, den sogenannten „Klumpen“. Dazwischen kann sich die Natur frei entfalten.
Wir schützen den Waldboden
Wir schätzen die Bedeutung unserer Waldböden als Lebensräume. Sie bilden den Grundstock für ein vitales Waldökosystem und sie besitzen eine große CO2- Speicherwirkung. Wir wollen die Funktionsfähigkeit der Böden unbedingt erhalten und stärken. Dadurch können wir auch einen Beitrag zu einem verbesserten Wasserhaushalt leisten.
Ein umsichtiger Einsatz moderner Forsttechnik hilft, Schäden zu vermeiden und mindert gesundheitliche Belastungen und Unfallgefahren für die im Wald arbeitenden Menschen. Notwendige Fahrbewegungen in den Waldbeständen binden wir an ein permanentes Netz von Fahrlinien, von dem keine Abweichungen toleriert werden dürfen. Flächiges Befahren ist tabu. Erosionsgeneigte Steillagen ab einer Hangneigung von 50 Prozent dürfen gar nicht befahren werden.
Auch die Nährstoffnachhaltigkeit liegt uns am Herzen. Mögliche Erntemengen passen wir an die jeweiligen Bedingungen an – auf Basis einer differenzierten und wissenschaftlich fundierten Standortanalyse. Baumkronen und schwächere Stammabschnitte überlassen wir komplett der natürlichen Zersetzung.
Wir setzen auf die Natur statt auf Pestizide
Wir arbeiten mit der Natur – denn wir können es nicht besser als sie. Wir setzen auf Mischwälder mit unterschiedlich alten Bäumen, wir ernten Einzelbäume und unterlassen Kahlschläge. Bei unserer Arbeit sind flächige Bodenbefahrung, Düngung, Brombeer-Bekämpfung, maschinelle Pflanzung sowie Pestizide tabu.
Bäume, die ganz besonders vielen Tieren einen Lebensraum bieten, sogenannte Biotopbäume, fördern wir. Das gilt auch für Totholz. Dafür haben wir das BAT-Konzept, das sowohl den Naturschutz als auch den Arbeitsschutz im Blick hat. Es ist Teil unseres Selbstverständnisses einer naturnahen Waldwirtschaft.
Das Fördern von Biotopbäumen oder Totholz ist für uns selbstverständlich.
Einen Teil des Waldes überlassen wir komplett der Natur. Im Staatswald soll das Ziel von 10 Prozent natürlicher Waldentwicklung in der laufenden Legislaturperiode abschließend erreicht werden. Momentan sind wir bei rund neun Prozent.
Wir setzen auf Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis und lernen aus Fehlern
Vor Fehlern und Fehleinschätzungen sind wir nicht gefeit. Wir wollen aber ständig dazulernen. Deshalb setzen wir auf aktuelle Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis. Unsere Expertinnen und Experten der Forschungsanstalt für Forstwirtschaft und Waldökologie (FAWF) helfen uns dabei.
Aus der Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Praktikern entstehen Handreichungen wie die „Grundsatzanweisung Waldverjüngung im Klimawandel“ mit Anleitungen zur Wiederbewaldung, Vorausverjüngung und Jungbestandspflege. Die Anwendung dieses Konzeptes ist im Staatswald verbindlich.
Den kommunalen und privaten Waldbesitzenden empfehlen wir eine analoge Anwendung in ihren Wäldern und beraten und unterstützen gerne bei der Umsetzung. Auch die Förderung orientiert sich daran.
Wir fördern Holz statt Plastik
Holz ist ein Naturprodukt, dass viel CO2 bindet und sich ideal für eine biobasierte Kreislaufwirtschaft eignet. Außerdem wächst es vergleichsweise schnell nach. Deshalb wollen wir, dass immer mehr Produkte aus Plastik und Beton durch solche aus Holz ersetzt werden, zum Beispiel Häuser. Was wir aber nicht wollen ist, dass Holz ein Wegwerfprodukt für Billigartikel wird. Denn es ist immer ein Eingriff, das Holz aus dem Wald zu holen, etwa, indem wir den Boden befahren müssen. Dazu ist die Natur aus unserer Sicht viel zu kostbar.
Wir lassen uns an unseren Prinzipien messen – von unabhängigen Auditoren
Der landeseigene Wald ist nach den Zertifizierungssystemen FSC® und PEFC zertifiziert. Beide Systeme schreiben international höchste Umweltstandards zur Waldbewirtschaftung vor, an die wir uns halten. Sollten wir wiederholt dagegen verstoßen, würde uns das Zertifikat entzogen.
Um alles zu überprüfen, kommen jährlich unabhängige Auditoren und schauen sich beispielsweise an, wie der Boden befahren wird und ob es Totholz im Wald gibt.
Wir helfen für ein Gleichgewicht aus Wald und Wild zu sorgen
In vielen Wäldern sind die Wildbestände zu hoch. Denn das Nahrungsangebot für Wild ist hoch, gleichzeitig hat es kaum natürliche Feinde. Das führt zu vielen Wildschäden im Wald. Das Rehwild liebt beispielsweise zarte Knospen und die jungen Triebe und Blätter von Bäumen. Dabei will es Abwechslung auf dem Speiseplan und sucht sich vor allem Baumarten aus, die eher selten vorkommen. Das sind jedoch oft genau diese Bäume, die wir Forstleute gepflanzt haben, um die Artenvielfalt der Bäume zu erhöhen. Gemeinsam mit der Jägerschaft und dem Naturschutz entwickeln wir daher Bejagungspläne, um unseren Wald zu schützen.
Klimawandel am Beispiel eines Stammquerschnitts
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Zum Bild links:
- 1881 (Deutschland ist eine Monarchie unter Wilhelm dem I.) - Jahr in dem der Baum gepflanzt wurde - Durchschnittstemperatur 8,1 Grad Celsius
- 1919 (Die Weimarer Verfassung tritt in Kraft) - Der Baum ist ca. 12,5 Meter hoch - Durchschnittstemperatur 8,4 Grad Celsius
- 1945 (Der 2. Weltkrieg endet) - Der Baum hat einen ungefähren Durchmesser von 30 Zentimeter - Durchschnittstemperatur 8,4 Grad Celsius
- 1981 (Deutschland ist noch in DDR und BRD aufgeteilt) - Der Baum ist 100 Jahre alt - Durchschnittstemperatur 8,6 Grad Celsius
- 1990 Der Baum übersteht die Orkane Vivian und Wiebke; Deutschland feiert die Wiedervereinigung
- 2023 Der Baum leidet mehrere Jahre in Folge unter Hitze und Trockenheit. Deutschland verzeichnet das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Augenblickliche Situation des Grundwassers in Rheinland-Pfalz
Das Bild spiegelt die aktuelle Grundwassersituation bei ca. 1,8 Metern in Rheinland-Pfalz wieder. Wenn Sie das Bild anklicken, gelangen Sie zum Dürremonitor Deutschland des UFZ Helmholtz. Sollte ein Bild der Website des UFZ Helmholtz gezeigt werden, stehen seitens des UFZ keine Daten zum Dürremonitor zur Verfügung.
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